Hallo Kerstin,
Rückblenden sind m. M. n. ein sehr scharfes 2schneidiges Schwert.
Rückblenden reißen den Leser heraus - das ist Fakt. Wir leben linear und so ist auch unser Empfinden.
Besonders schlimm finde ich Rückblenden in Action Szene/dramatischen Szenen
Da geht es um Sein oder Nicht-Sein/Kriegen oder Nicht-Kriegen und ich werde gelesene oder gefühlte Seitenlängen in irgendwelchen - in diesem Moment langweiligen - Background-Infos hineingeschleudert. Und anschließend soll ich mich wieder in der aktuellen Action-Szene zurechtfinden.
Davon abgesehen: würde ich mich in einer tatsächlichen oder gefühlten Leben/Tod - Alles/Nichts Situation befinden, würde ich garantiert nicht eine Sekunde an irgendwelche Szenen aus der Vergangenheit denken. Da sind alle Sinne auf das Hier und Jetzt und eventl. das Überleben ausgerichtet und jede Mikrosekunde, die ich bei einer Nabelschau verschwenden würde, könnte über Leben und Tod entscheiden. Also - für mich - absolut unpassend.
In einer ruhigen Szene/Moment eine Rückblende einbauen, ist für mich weitgehend ok. Schließlich denke ich auch in ruhigen Momenten/Abends über meine Gefühlswelt/Vergangenheit etc. nach.
Und jetzt kommt die Einschränkung als Leser:
Absolut hasse ich es, wenn ich seitenweise/über ein Kapitel in irgendwelche ollen Kamellen versenkt werde. Das muss nicht heißen, dass es uninteressant/langweilig geschrieben ist, aber da kommt mein lineares Empfinden ins Spiel. Ich lese im *Jetzt*, werde dann in die *Vergangenheit* geschickt, und je länger das dauert, umso mehr lebe/fühle ich mich dort ein, und dann soll ich mich wieder Knall auf Fall in der Gegenwart zurechtfinden
Dazu habe ich das Gefühl, dass viele Infos aus Rückblenden oft im aktuellen Text (also ohne Rückblende!) untergebracht werden können und damit der lineare Lesefluss und Empfinden nicht gestört werden.
M. M. n. (jetzt nicht persönlich auf dich bezogen, sondern allgemein) gehen viele Autoren zu leichtfertig und unkritisch mit Rückblenden um. Es ist ja einfacher, eine Rückblende zu schreiben/einzuschieben, als sich zu überlegen, ob sie die darin enthaltenen Infos/Emotionen nicht anders unterbringen können. Denn darum geht es schließlich bei Rückblenden: Infos unterzubringen.
Zuletzt noch ein Vergleich, den mir einmal ein Freund brachte, als er mir verdeutlichte, ob eine Rückblende absolut notwendig ist oder nicht:
Ein Flashback im realen Leben dauert oft nur (Buchteile von) Sekunden. Brauche ich zum Lesen einer Rückblende nur Sekunden, ist sie OK. Alles, was länger dauert, muss sehr kritisch hinterfragt werden.
That my 2 Pence ...