Samanter schrieb:
Kann ich dann also sagen, ja nach dem wohin der Leser/Autor gerade seine Aufmerksamkeit richtet (auf Kellnerin, auf Umfeld, auf das "Innere" des Ich-Protas bzw. nach außen, wenn er spricht) wechselt auch die Perspektive/Absatz?
Absatz ja, Perspektive nein!
Die Perspektive ist die Person, aus deren Sicht der jeweilige Teil geschrieben wird. Es gibt Leute, die vertreten die Ansicht, dass pro Kapitel nur eine Perspektive zulässig ist. Diese Sicht teile ich beinahe. Auf jeden Fall sollte beim Wechsel von einer zur anderen Person mindestens ein Leerabsatz eingeschoben sein, besser ein ***-Absatz.
Perspektive und 'Aufmerksamkeit' (meine Erfindung) sind nicht dasselbe! Bei einem Dialog bleibt die Perspektive dieselbe, am einfachsten bei der Ich-Perspektive nachvollziehbar. Ich sieht, hört, schmeckt, riecht und denkt. Ich sieht das Vis-a-vis, hört es, riecht es eventuell auch, aber ist nicht in ihm. Kann also auch nicht seine Wahrnehmungen beschreiben.
Beim Dialog wechselt also bei gleichbleibender Perspektive nur die
Aufmerksamkeit. Und die gibt den Anstoß für die Absätze. Beim Dialog. Ansonsten spürt man ja wohl, wann ein Absatz dran ist.
Auch sind Absätze ein Stilmittel, um etwas besonders hervozuheben und können aus wenigen oder nur einem Wort bestehen. Beispiel (Ende eines Kapitels, das ich eben schrieb, der Cliffhanger ein eigener Absatz):
Zwei Stunden später traf Bernhard bei seinem Pavillon ein, die Batterie seiner Taschenlampe war gerade noch in der Lage, der Glühbirne ein müdes Schimmern zu entlocken. Schwer atmend setzte er sich in den Ledersessel an einem der Fenster, stützte die Ellbogen auf die Knie und raufte sich die Haare.
Wo war James?
oder eine andere Stelle:
... Die glänzende Metallhaut des Flugzeugs verstärkte die unwirkliche Stimmung. War er nun wirklich hier? War das wahr? Die Hitze ließ ihn seine Jacke ausziehen, hier war gerade die heißeste Jahreszeit und die gut dreißig Grad trieben ihm den Schweiß auf die Stirn.
Sein neues Leben. Was ihn wohl erwartete?
Er trat zur Seite, ließ sich mit dem Strom der Passagiere mitspülen. Zollformalitäten, Übernahme seines Gepäcks. Während der Flieger für ihn noch wie eine Nabelschnur gewirkt hatte, so war hier, vor dem Flughafengebäude, auch diese zerschnitten. Von einem Taxi ließ er sich in ein beliebiges Hotel fahren. ...
Liebe Grüße
Martin