Hi liebe Sabine!
Ich habe eben deinen Text - bzw. eure Diskussion hier gelesen. Und ich habe sehr schmunzeln müssen. Ich glaube, ich fühle richtig mit. Ich persönlich finde die "Hülle" (Grammatik, Kommas ab und an, Rechtschreibung, ...) eigentlich nur wichtig, um zu vermitteln - ein Bild zu unterstützen, das ich zeigen möchte. Deswegen nutze ich beispielsweise viele Adjektive. Ich finde es schön, dem Leser Freiraum beim Denken und Fantasieren zu geben, aber ich möchte ihm Anhaltspunkte liefern, an denen er sich entlang hangeln kann. Nur ein Aspekt der vielen, die man hier ansprechen könnte - aber in meinen Augen ein schönes Beispiel.
Zum Kern deiner Frage: Ich verspüre beim Lesen und beim Schreiben denke ich nicht die gleichen Gefühle.
Bei beiden fiebere ich mit, will mehr und fühle durchaus. Beim Lesen fällt es mir aber sehr einfach im Normalfall: Als sehr empathischer Mensch schlüpfe ich sehr gern in die unterschiedlichen Rollen von Anta- oder Protagonisten, ergründe meine Beweggründe, fühle, wie ich an den einzelnen Stellen reagieren würde - gleichzeitig lasse ich mich berieseln, als würde ich einen Film schauen. Mir wird gezeigt, wie sich alles entwickelt, und es füllt Stück für Stück meinen Kopf und beflügelt meine Fantasie.
Beim Schreiben ist es für mich vorrangig, diese aufgebaute (und aufgestaute) Fantasie wieder loszuwerden. Ich habe eine Menge Ideen, spinne rum und versuche, mich persönlich in diese Geschichten zu bringen. Ich will für diese Zeit, in der ich schreibe, tatsächlich nicht vorrangig eine Geschichte
erzählen. Ich möchte kurzzeitig in meine Welt schlüpfen, mein Leben dort genießen, mich herausfordern, mich anders darstellen, mich enttäuschen und herausfinden, was ich damit mache. In jeder meiner (aktuell noch im Kopf herumspinnenden) Ideen und Welten, verarbeite ich im Endeffekt eine Facette von mir selbst. Ich lerne mich selbst besser kennen und entwickle mich weiter. Und das gefällt mir. Ich bin prinzipiell sehr neugierig. Und ich hab einfach sehr viel Spaß daran, mich auszuprobieren.
Der Inhalt, also die Story die "rüberkommen" soll, ist für mich schwer zu trennen. Denken wir an ein Gemälde: Die Geschichte, die ich erzählen will, hat natürlich einen Rahmen. Das ist die Hülle, die Sprache, die Grammatik, die Wortwahl,... Dann gibt es dort das Bild: Das kann hübsch sein, hässlich, Bereiche haben, oder auch nicht, abstrakt oder direkt. Und das für mich wichtige, das ist im Kern denke ich ähnlich dem, was du angesprochen hast: Die Implikationen. Was fühle ich, wenn ich es ansehe (lese), was fühle ich, während ich male (schreibe), was löst es in einem Zuschauer aus, wie interpretiert er es, woran erinnert es ihn.
Zusammengefasst: Warum schreibe ich? Zum Einen, weil ich mich durch meine Welten besser erkunden und kennenlernen kann. Zum Anderen, um in meinen Lesern diese Gefühle zu erzeugen, für welche ich nur das Bild pinsle. Klingt das zu esoterisch?
Ich würde jetzt nicht sagen, dass Schreiben mir
nur Spaß macht. Ich hab auch oft keine Lust - oder wenn mein Kopf mit Dingen, wie dem Studium gefüllt ist, auch schlicht eine Blockade. Diese betrifft übrigens das Schreiben
und Lesen. Wenn ich sehr gestresst bin, hab ich nicht das Gefühl, das Geschichten zu mir durchdringen. Und dann lasse ich es auch lieber. Das wäre sonst wie ins Kino gehen und da eine Runde schlafen
Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick in meine Motivation und Gefühlswelt eröffnen und nicht nur Verwirrung stiften
Liebe Grüße,
Eve