Stichwort
Willkommen, Gast
Handwerkliche Praxis: von Perspektiven bis zu Rückblicken. Hier bitte KEINE Rechtschreibthemen, diese unter Nachschlag(en)

THEMA: Absatzwechsel bei der direkten Rede

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 15:27 #665

  • Martin
  • Martins Avatar
  • OFFLINE
  • Steuermann
  • Beiträge: 1455
  • Dank erhalten: 18
Hi, liebe Mit-Schreibfetischisten :-)

Seit einiger Zeit mache ich mir Gedanken über dieses Thema. Es geht mir dabei darum, einen Dialog, der ja sozusagen eine Art Mini-Perspektivenwechsel ist, für den Leser am fließendsten darzustellen. Bei dem simplen Dialog kein Thema:

»Hast du den Müll runtergebracht?«

»Ja, gleich«

»Nicht gleich, sondern jetzt«
...


Aber sobald Inquits und Text dazukommen, ist es schon nicht mehr so einfach:

Variante I

»Ich geh jetzt mal den Müll runterbringen«, sagte er ganz nebenbei.

»Oh ...« Ich war verblüfft. Er zwinkerte mir zu. Sonst musste ich es immer zehnmal sagen, was war denn jetzt geschehen? Sollte das Sabine bewirken ...? »Toll«, legte ich schnell beiläufig nach, um seiner Aktion ja kein zu großes Gewicht zuzugestehen. Ich bemerkte ein verstohlenes Grinsen um seine Mundwinkel, als er die Mülltüte aus dem Eimer zog und sich den Karton mit den Flaschen unter den Arm klemmte.

»Kein Problem.« Sein Ton dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen. Ich ging hinüber, um ihm die Tür zu öffnen.


Hab mir einige Zeit überlegt, wie ich das am Elegantesten lösen könnte, denn so, wie es dasteht finde ich es kraus. So kam zu dem Schluss, hier genauso vorzugehen, wie bei Perspektivwechseln: Neuer Absatz pro Protagonist, egal, ob er etwas sagt oder nicht und auch egal, ob ich ›aus der Person heraus‹ erzähle. Das würde dann so aussehen. Ich finde, so kann man müheloser umschalten. Was sagt ihr dazu?


Variante II

»Ich geh jetzt mal den Müll runterbringen«, sagte er ganz nebenbei.

»Oh ...« Ich war verblüfft.

Er zwinkerte mir zu.

Sonst musste ich es immer zehnmal sagen, was war denn jetzt geschehen? Sollte das Sabine bewirken ...? »Toll«, legte ich schnell beiläufig nach, um seiner Aktion ja kein zu großes Gewicht zuzugestehen. Ich bemerkte ein verstohlenes Grinsen um seine Mundwinkel, als er die Mülltüte aus dem Eimer zog und sich den Karton mit den Flaschen unter den Arm klemmte.

»Kein Problem.« Sein Ton war dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen.

Ich ging hinüber, um ihm die Tür zu öffnen.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 15:52 #667

  • ernstbay
  • ernstbays Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 418
für mich ist Variante I stimmiger. Aber bitte frag mich jetzt nicht warum ...

Bin gespannt, wie es die Anderen sehen!

Herzliche Grüße
Ernst
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 17:34 #670

  • Samanter
  • Samanters Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 382
Oh ja, was hat mich dieses Problem schon graue Haare gekostet. In der Ich-Perspektive ist es wahnsinnig schwer so etwas wie Unter-Perspektiven überhaupt auseinanderzuhalten. Erst recht, wenn dann mal der und mal der dazwischen plappert.

Meine Lösung, die aber auch nicht immer so einfach ist, war so ähnlich wie deine. Ich stellte mir im Kopf vor, wenn ich gerade anschaute, während ich die Worte (den Text, nicht nur die wörtliche Rede) sagte.

Aus dieser Sicht ist die 1. Variante nicht ganz richtig, wenn sie auch durch eine grobere Unterteilung zunächst verständlicher erscheint. Schauen wir einmal wen genau wir wann anschauen.


Deine erste Variante korrigiert nach meinem System.

Er: »Ich geh jetzt mal den Müll runterbringen«, sagte er ganz nebenbei.

Ich: »Oh ...« Ich war verblüfft. Er zwinkerte mir zu. Sonst musste ich es immer zehnmal sagen, was war denn jetzt geschehen? Sollte das Sabine bewirken ...? »Toll«, legte ich schnell beiläufig nach, um seiner Aktion ja kein zu großes Gewicht zuzugestehen.

Er: Ich bemerkte ein verstohlenes Grinsen um seine Mundwinkel, als er die Mülltüte aus dem Eimer zog und sich den Karton mit den Flaschen unter den Arm klemmte. (Immer noch Er) »Kein Problem.« Sein Ton dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen. Ich ging hinüber, um ihm die Tür zu öffnen.


Wirklich schwierig wird es, wenn längere Passagen überhaupt keine wörtliche Rede enthalten ist, weil man dann immer glaubt die Perspektive eigentlich nie zu wechseln. Tut man aber doch, je nach dem wen man gerade sieht bzw. wessen Reaktion oder Blickfeld man gerade beschreibt. Im ersten Moment sieht das komisch aus, beim Lesen später ist es aber sehr angenehm, weil es eine klare Struktur gibt, an die man sich schnell gewöhnt.

LG Sam
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 18:01 #671

  • Martin
  • Martins Avatar
  • OFFLINE
  • Steuermann
  • Beiträge: 1455
  • Dank erhalten: 18
Samanter schrieb:
Er: Ich bemerkte ein verstohlenes Grinsen um seine Mundwinkel, als er die Mülltüte aus dem Eimer zog und sich den Karton mit den Flaschen unter den Arm klemmte. (Immer noch Er) »Kein Problem.« Sein Ton dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen. Ich ging hinüber, um ihm die Tür zu öffnen.

Genau das meinte ich, allerdings eben genau nicht so:

Ich: Ich bemerkte ein verstohlenes Grinsen um seine Mundwinkel, als er die Mülltüte aus dem Eimer zog und sich den Karton mit den Flaschen unter den Arm klemmte.

Er »Kein Problem.« Sein Ton dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen. Ich ging hinüber, um ihm die Tür zu öffnen.

Ich und er sind zwei Instanzen. Indem ich Handlung, Gedanken und Rede der einzelnen trenne, erleichtere ich das Mitkommen. Es geht mir genau darum, die Gedanken vom Ich aus der Äußerung und der Beschreibung vom/zum Er herauszuhalten.



Vielleicht besser an einem anderen Beispiel aus meiner aktuellen Sache:

»Ach Gudrun«, sagte ich zu ihr, »du erzählst das so plastisch, wie sollte ich es nicht verstehen können? Und trotzdem verletzt mich manches. Ja, weniger schon ... ist eigenartig. Zu wissen, wie du tickst, macht es viel verständlicher. Und trotzdem geht mir deine Bumserei mit Berti gegen den Strich.«

Sie runzelte die Stirn.

»Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir.« Ich seufzte. »Vielleicht sollte ich auch einmal zu einem Therapeuten gehen ...«

Nun löste sich ihre gefurchte Stirn in ein gönnerhaftes Grinsen auf. »Ja, vielleicht.«

Es geht mir dabei vor allem um den Satz ›Sie runzelte die Stirn.‹ Klar könnte man den (eher beim ersten Absatz) anhängen. Aber durch die Trennung wird das Pingpong der beiden offensichtlicher und einfacher nachvollziehbar.


LG
Martin
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 19:05 #674

  • Samanter
  • Samanters Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 382
Mh, ziemlich knifflig. Aber du hast Recht. Hier wechselt tatsächlich wieder die Sicht. War nur so schwer zu erkennen, weil der Satz: "Sein Ton dabei so lässig wie die Hosen, die ihm zwischen Hüfte und Knien hingen.", allein stehend auch auktorial gemeint hätte sein können.



Dein anderes Beispiel:

Ich: »Ach Gudrun«, sagte ich zu ihr, »du erzählst das so plastisch, wie sollte ich es nicht verstehen können? Und trotzdem verletzt mich manches. Ja, weniger schon ... ist eigenartig. Zu wissen, wie du tickst, macht es viel verständlicher. Und trotzdem geht mir deine Bumserei mit Berti gegen den Strich.«

Sie: Sie runzelte die Stirn.

Ich: »Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir.« Ich seufzte. »Vielleicht sollte ich auch einmal zu einem Therapeuten gehen ...«

Sie: Nun löste sich ihre gefurchte Stirn in ein gönnerhaftes Grinsen auf. »Ja, vielleicht.«

Hier sieht man die Trennung sehr viel deutlicher als im ersten Beispiel, das stimmt. Allerdings hat mir allein der Absatz zur Trennung der "Instanz" beim unterstrichenen Abschnitt nicht gereicht.
Besonders verwirrt hat mich das nachfolgende "Ich seufzte". Warum brauche ich nach dem "Ja, ich kann auch nichts dafür ..." noch den Hinweis WER seufzt? Hier würde ich entweder eine Reaktion von ihr zwischenschieben oder etwas was in ihm vorgeht.

Schwer zu erklären, aber verstehst du was ich meine?

LG Sam
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 19:21 #676

  • Martin
  • Martins Avatar
  • OFFLINE
  • Steuermann
  • Beiträge: 1455
  • Dank erhalten: 18
Liebe Sam,

so knifflig finde ich es gar nicht. Es ging mir lediglich darum, was man mit Fragmenten macht, die nicht direkter Dialog sind. Also Inquits und Beschreibungen und Gedanken. Dabei glaube ich, dass es am klarsten - auch für den Schreibenden - ist, wenn man einfach überlegt, zu wem der Dialog, Gedanken, Handlung gehört. Andere Person? Ah, dann neuer Absatz.

Bei deinem Einwurf zu dem Unterstrichenen komm ich nicht mit. Ich soll ›Ich seufzte‹ weglassen ...? Nur ›seufzte‹, weil man eh weiß, wer gemeint ist? Oder à la Mickymaus oder Chat *seufz*? Der Ich sagt etwas, seufzt, ergänzt. Verstehe nicht, was dabei unverständlich ist. Und die Reaktion von ihr kommt ja eh. Also wie?

Liebe Grüße
Martin
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 20:02 #679

  • Samanter
  • Samanters Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 382
:ohmy: :lol:
Nein, nein! Da habe ich mich mal wieder total zerknittert ausgedrückt.

Also noch einmal ganz langsam. Diesmal mit den Reaktionen meiner Synapsen als ich den Text zum ersten Mal las und noch nicht weiter über Absätze nachgedacht hatte.



»Ach Gudrun«, sagte ich zu ihr, (wir sind also bei ihm/ich, alles klar.) »du erzählst das so plastisch, wie sollte ich es nicht verstehen können? Und trotzdem verletzt mich manches. Ja, weniger schon ... ist eigenartig. Zu wissen, wie du tickst, macht es viel verständlicher. Und trotzdem geht mir deine Bumserei mit Berti gegen den Strich.«

Sie runzelte die Stirn. (Jetzt sind wir bei ihr. Auch klar und deutlich.)

»Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir. (Hoppla! Bei wem sind wir? Ach so, neuer Absatz, also wieder bei ihm/ich. Gut.) « Ich seufzte. (Nanu! Waren wir nicht gerade schon bei ihm? Oder hatte ich mich geirrt? Wenn nicht, wozu brauche ich dann die Information, dass ICH/ER seufzte?) »Vielleicht sollte ich auch einmal zu einem Therapeuten gehen ...«

Verstehst du es jetzt?

LG Sam
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 04 Mai 2014 20:08 #680

  • Martin
  • Martins Avatar
  • OFFLINE
  • Steuermann
  • Beiträge: 1455
  • Dank erhalten: 18
Nö, liebe Sam, versteh ich nicht. Ich will das Seufzen nicht weglassen, weil Ich seufzt. Wie also soll ichs schreiben?

Liebe Grüße
Martin
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 05 Mai 2014 09:23 #683

  • Samanter
  • Samanters Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 382
Ich meinte nicht, dass du es weglassen solltest. Es muss ja da stehen, weil sich die Tonlage der Rede ändert.

Mein Vorschlag als Beispiel:

Sie runzelte die Stirn.

»Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir «, versuchte ich es ihr zu erklären und seufzte: »Vielleicht sollte ich auch einmal zu einem Therapeuten gehen ...«

Ich so ist es zusammenhängender. (Bin mir jetzt nicht sicher, ob die Satzzeichen richtig sind.)

Was sagen die anderen dazu? Vielleicht liege ich ja auch falsch?

LG Sam
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 05 Mai 2014 13:02 #689

  • Linda
  • Lindas Avatar
  • OFFLINE
  • Tja: schreibsüchtig
  • Beiträge: 562
Lieber Martin,

mir gefällt Version 1 am besten und ist m.E. so auch richtig.

Zitat:
Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir", versuchte ich ihr zu erklären und seufzte

Sams Vorschlag mit dem Seufzen, geht m.E. nicht. Denn das ist gerade das schwierige bei der Ich-Erzählung. Das Seufzen hören die anderen, also ein Perspektivwechsl. So habe ich es jedenfalls gelernt, ob es richtig ist???

M.E. müsste es dann heißen: Ja, ich kann auch nichts dafür, es macht was mit mir «, versuchte ich ihr zu erklären, dann/und holte ich tief Luft, oder so ähnlich.

Liebe Grüße
Linda
Letzte Änderung: 05 Mai 2014 13:03 von Linda.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Absatzwechsel bei der direkten Rede 05 Mai 2014 20:28 #702

  • Samanter
  • Samanters Avatar
  • OFFLINE
  • Schreibsuchtalarm
  • Beiträge: 382
Hallo Linda!

Zugegeben, das Beispiel ist nicht besonders gut. Aber warum ist es falsch? Ich kenne mich mit den Fein- und Fadenscheinigkeiten der Perspektiven noch nicht so gut aus. Warum kann Ich nicht hören wie ich seufze?
Mein Gefühl sagt mir zwar auch, dass ich hier auch eher eine körperliche Reaktion eingeschoben hätte anstatt "und seufzte" zu sagen, aber warum weiß ich nicht. Außerdem, wie kann man den veränderten Tonfall sonst ankündigen außer mit der Methode von Martin? Denn wenn sie ja auch fachlich richtig ist, gefällt sie mir nicht wirklich.

LG Sam
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.