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THEMA: Wortwiederholungen.... wann sinnvoll, wann nicht?

Wortwiederholungen.... wann sinnvoll, wann nicht? 09 Jun 2015 16:21 #2759

  • Rael
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Es scheint so eine Art ungeschriebenes Gesetz unter Schreibwerkstätten zu sein: bloss keine Wortwiederholungen, Wortwiederholungen sind böse! (jetzt hatte ich in diesem Satz auch schon eine, soll ich den Satz jetzt ändern in "Bloss keine Wortwiederholungen, denn die sind böse"? Das würde aber irgendwie die Wucht des Satzes verringern).

Natürlich sind Wortwiederholungen immer dann schlechter Stil, wenn sie im fliessenden Erzähltext vorkommen. Ein Beispiel:

Das Haus hatte einen spitzen Giebel und hohe Fenster. Vor dem Haus verlief eine Strasse und hinter dem Haus erstreckte sich ein verwilderter Garten.

Hier haben wir 3x Haus und sollten es dann mindestens 2x durch ein Synonym ersetzt werden.

Aber es gibt auch die Wortwiederholung als rhetorischen Begriff: Anadiplose, Epiploke, Analepse - um nur einige zu nennen.

Beispiel: Du wirst mir gehorchen! - Nein, ich werde nicht gehorchen!
oder: "Redest du mit Hans?" - "Nein, ich rede nicht mit Hans!"

Hier wird die Wortwiederholung zur Bekräftigung und zu Poesis des Textes. Vor allem in Dialogen sind sie ein Stilmittel, um dem Text Wucht und Tempo zu geben und keinesfalls ein Fehler.

Hier ein besonders drastisches Beispiel in einem Monolog:

"Diese Scheiss Tapete mit ihren Scheiss Mustern in diesem Scheiss Haus mit diesen Scheiss Leuten gehen mir verdammt nochmal auf den ..." etc.

Gut, krasser Satz, kann aber in einem glaubwürdigen zeitgenössischen Roman vorkommen. Sollte da jetzt jedes "Scheiss" durch ein Synonym ersetzt werden?

Gibt aber auch durchaus literarische Beispiele:

"Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen."

Das stammt von Goethe. Wollen wir den grossen Dichter jetzt der unbotmässigen Wortwiederholung bezichtigen? Ihn gar zum Anfänger degradieren?

Und wenn ich da an den berühmten Beckmann Monolog von Wolfgang Borchert aus "Draussen vor der Tür" denke, da wimmelt es von Wiederholungen, dass es nur so kracht. Aber genau dieses Stilmittel hat Borchert zum grossen Nachkriegsautor gemacht.

Ich möchte das hier nur mal so als Anregung in den Raum stellen, schliesslich sind wir alle Wort Profis. Und gerade Profis sollten die Ausnahmen der Regeln kennen. Stil ist auch etwas, das mit Konformität bricht.

Das soll jetzt keineswegs schlechtem Stil die Lanze brechen. In fliessendem Erzähltext sind Wortwiederholungen in den meisten Fällen Ausdruck schlechten Stils. Aber es gibt auch hier poetische Erwägungen, die dann anwendbar sind, wenn der Duktus es erlaubt.
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Wortwiederholungen.... wann sinnvoll, wann nicht? 09 Jun 2015 17:53 #2761

  • Martin
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›Keine Wortwiederholungen‹ - ein echter Beginner-Hinweis. Schreibwerkstätten leben von den Anfängern und aus diesem Grund werden dort Wortwiederholungen verpönt sein, so wie auch Adjektive.

Die gewollte Wortwiederholung ist natürlich okay, betont; betont nicht nur, macht dringend, betont, macht dringend und damit eventuell für ein Innehalten oder einen Rhythmus notwendig. Kein Thema, stimme ich dir zu. Und zusätzlich fällt mir zum Thema noch etwas ein.

Während das Aufspüren von überflüssigen Adjektiven und Füllwörtern mitunter gar nicht so ohne ist, springen einem unpassende Wortwiederholungen ins Auge, noch stärker, wenn man sich den Text vorlesen lässt. Okay, dann halt ins Ohr. Abgesehen davon, dass Patchwork sie schön zeigt. Na, dann nehmen wir einfach ein Synonym und die Sache ist gegessen.

Gegessen? Vielleicht doch nicht so automatisch, wie es manchmal schön wäre. Denn Synonyme müssen absolut nicht passen. Ich glaube, nicht umsonst heißen die Worte unterschiedlich. Straße und Fahrbahn und Trasse sind nicht dasselbe. Weg passt schon gar nicht. Auch unter Allee, Boulevard, Gasse, Landstraße, Schnellstraße und Chaussee stellt man sich was anderes vor.

Bevor man ein unpassendes Synonym verwendet, würde ich eine Wortwiederholung in Kauf nehmen, um das Bild nicht zu zerdeppern. Eleganter wäre freilich, die Sätze so umzubauen, dass diese Notwendigkeit gar nicht aufkommt beziehungsweise wieder abtauchen kann.

Ich denke sowieso, dass man erst frei schwimmen kann, wenn man die Brecher am Ufer übersprungen und durchtaucht, genug Wasser geschluckt und geprustet hat.
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Wortwiederholungen.... wann sinnvoll, wann nicht? 09 Jun 2015 19:29 #2767

  • Rael
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Nur dass halt Patchwork noch keine derart hoch entwickelte KI besitzt, dass es in der Lage wäre eine Constructio ad sensum zu erkennen (hoffentlich bringe ich dich jetzt nicht auf die Idee, das programmieren zu wollen).

Mit Synonymen ist das eh so eine Sache. Ich hab mal einen lustigen Beitrag von einem Grammatik Spezi gelesen, der sich darüber lustig machte, dass redaktionelle Texte stets die gleichen Stereotypen verwenden, wenn sie ein Synonym brauchen. Beispiele:

Elefant - Dickhäuter
Paris - Die Seinemetropole
Schauspielerin - Die Actrice
London - Die Stadt an der Themse

diese Synonyme kommen so prompt, da kann man die Uhr nach stellen. Auch ein Zwang, Wortwiederholungen zu vermeiden.
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